Von Katharina Wittenberg
Rumms….die Tür flog ins Schloss. Der Türrahmen erzitterte, das Holz zerbrach und flog in einer so hohen Geschwindigkeit durch den Raum, wie die Tür zuvor zugeworfen wurde. Der Schwung der Tür war so heftig, dass das Holz des Rahmens an der Stelle nachgab, wo eigentlich das Schloss die Tür hätte festhalten sollen. Aber diese schwungvolle Art war für den alten Türrahmen einfach zu viel und er gab nach. Die Holzstücke lagen verteilt im Raum und die Tür, die eigentlich hätte jetzt ausdrucksstark geschlossen sein sollen, stand nun offen.
Da will man energisch die Tür hinter sich schließen und als Ergebnis erhält man eine Tür, die wohl nie wieder schließen wird. Wenn das keine Ironie ist? Aufgrund dieser Erkenntnis konnte ich mir ein kurzes Lächeln nicht verkneifen, auch wenn die Situation in diesem Moment ernst war. Wohl wissend um die Ironie, stand ich nicht inmitten von Holzstücken und Splittern, sondern auf der anderen Seite der Tür.
Als Kind habe ich selbst diese Ausdrucksform regelmäßig ausgeübt. Ich erinnere mich an die Stubentür, deren Glas zersprang, weil ich mit viel Nachdruck meinen Standpunkt verdeutlichen wollte. Regelmäßig hörte ich die Ermahnung: „Hör auf mit den Türen zu knallen!“ Was mich damals natürlich nicht davon abhielt diese lautstarke Grenzsetzung weiter zu zelebrieren. Nach solch einer Ermahnung nicht selten noch ein zweites Mal, manchmal nur allein deshalb, weil ich in dem Moment wusste, dass ich es konnte.
Das Türknallen – es ist wie eine Mischung aus Rückzug und Donner, der alles plötzlich erstarren lässt, während der Nachhall noch in den Ohren dröhnt. Was steckt eigentlich dahinter, wenn wir zu diesem stilistischen Mittel des Türenknallens greifen?
Im Streit bauen wir Mauern zu andern Menschen auf. Diese unsichtbaren Mauern, die wir nicht selten aus Frustration, Schutz, Trotz oder Hilflosigkeit und Überforderung aufbauen, sind manchmal aus Beton, Glas oder, wie in diesem Fall, aus Holz. Aber ganz gleich aus welchem Material sie sind, sie stehen im Weg. Knallen wir mit den Türen, um ein Statement zu setzen? Weil wir uns nicht gehört fühlen, aber ein Türknallen unüberhörbar ist? Um uns abzugrenzen, und wenn ja, von was eigentlich genau? Oder knallen wir mit den Türen, weil uns in der Situation gerade einfach nichts anders einfällt? Und wie können wir mit diesen Türen umgehen?
In erster Linie vor allem respektvoll, in dem wir die Tür, die sich vor uns geschlossen hat, auch geschlossen lassen – im besten Fall unkommentiert, denn es gibt ja einen Grund warum die Tür mehr oder weniger unsanft geschlossen wurde. Und wir können davon ausgehen, dass früher oder später die Tür, solange sie nicht unsichtbar und aus hunderten von Kilometern örtlicher Distanz besteht, sich auch wieder öffnen wird. Aber was können wir statt Türknallen tun?
Wie wäre es mit einem Dialog auf der Türschwelle: Öffnen statt zuschlagen und zuhören statt abschotten. Aber wie können wir das umsetzen? Wenn die Tür knallt, ist es bereits für diesen Moment zu spät. Aber wenn wir aufmerksam bei uns selbst sind und früher im Gespräch rechtzeitig eine Pause einlegen, um einmal tief durchzuatmen, dann besteht auch die Möglichkeit sich selbst zu öffnen und sich dem anderen mitzuteilen. Sich selbst in Verletzlichkeit annehmen und dem Partner die eigene Verletzlichkeit offenbaren, ist in den meisten Fällen erfolgsversprechender. Und wenn dieser dann aufmerksam zuhört, um für den anderen Raum zu schaffen, um für ihn da zu sein, dann sind die Erfolgsaussichten wesentlich höher, dass das Glas oder der Türrahmen heil bleibt.
Wir sollten in Gesprächen lieber nachfragen statt Interpretationen und Vermutungen anzustellen. Denn wenn wir unser Gegenüber besser verstehen, dann machen wir Platz für wirklich starke Lösungsmöglichkeiten, wenn diese dann überhaupt noch benötigt werden.
Konflikte und Mauern gehören zum Leben und zu Beziehungen dazu, aber diese sollten keine Dauerlösung sein.
Geschlossene Türen können uns schützen, aber sie können auch trennen. Es liegt an uns, wie wir mit unseren Türen umgehen möchten. Wollen wir die Tür lieber energisch schließen, weil wir den frühzeitigen Zeitpunkt verpasst haben, uns wirklich effektiv mitzuteilen oder zuzuhören? Wollen wir Fenster in die Türen einbauen und uns in den Raum dahinter einigeln? Oder wollen wir unsere Tür liebevoll geöffnet halten und einen sinnvollen und konstruktiven Dialog auf Augenhöhe führen? Selbstverständlich mit der Möglichkeit sie freundlich und rechtzeitig für einen Augenblick zu schließen, wenn wir einen kurzen Moment des Rückzug zum Sammeln benötigen.
Ich empfehle immer gern den verbindlichen Rückzug. Eine Mischung aus: Ich weiß Du bräuchtest mich gerade und ich kann leider gerade nicht für dich da sein, aber ich komme wieder auf dich zu. Diese Form bringt die Möglichkeit mit sich, entspannter eine Pause ins Gespräch oder in den sich zuspitzenden Streit zu bringen, um sich später auf der Türschwelle wieder im Dialog zu treffen.
Glaube mir, nur weil ich als psychologische Beraterin, Paarberaterin und Mediatorin arbeite, heißt das nicht, dass Konflikte kein Teil meines Lebens sind. Auseinandersetzungen sind Bestandteil auch meiner eigenen Beziehungen. Der Schlüssel liegt darin, diese Momente zu nutzen, um Verbindung zu schaffen, anstatt sie zu verlieren. Es ist möglich, Konflikte in Verbindung zueinander umzuwandeln. Es braucht Mitgefühl, Geduld, harte Arbeit und den Mut, neue Wege der Bewältigung zu entwickeln und zu gehen.
Gegeneinander zu kämpfen ist kraftraubend und zerstörerisch; für die Verbindung zu kämpfen, ist es wert.
Wenn ihr das Gefühl habt, dass eure Türen momentan öfter knallen, als dass sie sich öffnen, dann lade ich euch ein, gemeinsam mit mir nach neuen Wegen zu suchen. In meiner Paarberatung geht es darum, wieder einander zuzuhören, Perspektiven zu wechseln und neue Möglichkeiten zu finden, miteinander zu wachsen. Vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment für euch, um einen Schritt aufeinander zuzugehen – und durch eure Türen hindurch in eine stärkere Verbindung einzutreten?
Katharina Wittenberg
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